Fahrradkurse Sportregion Delmenhorst/Oldenburg-Land: Interview mit Berend Meyer
Fahrradfahren ist in Deutschland sehr beliebt. Dies ist aber nicht in allen Ländern der Fall. Für neue Mitglieder der Gesellschaft kann dies ein Hindernis für gelungene Integration darstellen. Mit dem Projekt „Radfahren vereint“ bietet die Sportregion Delmenhorst/Oldenburg-Land im Oktober zum zweiten Mal einen integrativen Fahrradkurs in Ahlhorn an. Geleitet wird dieser von Berend Meyer.
Herr Meyer, Fahrradfahren ist nicht nur die beliebteste Outdoor-Sportart in Deutschland, es wird auch als Fortbewegungsmittel im Alltag immer beliebter. Welche Bedeutung hat das Fahrradfahren für Sie persönlich?
Vielfältig! Das Fahrrad ist eines der beliebtesten Fortbewegungsmittel. Mit zunehmendem Alter erhöht sich der Mobilitäts- und Bewegungsradius, den man mit dem Fahrrad erledigen kann. Der große Vorteil ist, dass es ganz vielfältig einsetzbar ist. Auch deshalb nutze ich es so gerne. Es ist ein Sportgerät, es ist ein Arbeitsgerät, es ist Freizeit – ganz universell einsetzbar. Und deswegen ist das Fahrrad einfach ein ganz tolles ökologische, wirtschaftliches und nachhaltiges Fortbewegungsmittel.
Wann haben Sie das erste Mal auf einem Fahrrad gesessen?
Gute Frage…ich muss drei oder vier Jahre alt gewesen sein. Gefühlt fahre ich das schon mein Leben lang, seitdem ich klein bin. Und dann hat es noch einmal einen sehr hohen Stellenwert bekommen mit dem beruflichen Einstig 2000 beim Bund Deutscher Radfahrer im Referat Leitungssport. Da habe ich dann nochmal die ganzen Facetten des Fahrradfahrens kennengelernt.
Rund um diese Tätigkeit beim Bund Deutscher Radfahrer leiten Sie auch Fahrradkurse – und bringen damit Jung und Alt bei, wie sie sich sicher mit dem Fahrrad bewegen. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Zum einen brauchen wir die Mobilitätswende in Hinblick auf die Klimaentwicklungsfrage. Auf der anderen Seite ist Fahrrad fahren eine ganz tolle Fortbewegung und erhöht ungemein den Bewegungsradius im Vergleich zum zu Fuß gehen. Für mich persönlich ist vor allem das nachhaltige, sichere und sportliche Radfahren sehr wichtig. Dass man eben alle Komponenten miteinander verbindet und dadurch nachhaltig und gesund von A nach B kommt. So wie man selbst das Fahrrad eben nutzen möchte.
Rund 83 Millionen Fahrräder gibt es in Deutschland. Doch nicht jeder hat gelernt, Fahrrad zu fahren. Wie oft kommt es da vor, dass Erwachsene kein Fahrrad fahren können?
Da muss man natürlich unterscheiden. Menschen, die in Deutschland aufgewachsenen sind, können fast alle Fahrradfahren. Nicht unbedingt schon zur Schulzeit, aber im Laufe des Lebens. Bei Menschen mit Migrationsgeschichte muss man differenzieren, von wo sie kommen. In Regionen wie in der Ukraine lernen es viele als Kinder, nutzen es dann nur sehr selten, da die Ukraine ein Autoland und auch einen sehr guten ÖPNV hatte. In arabischen Ländern spielt das Fahrrad dagegen fast keine Rolle. Gerade Frauen haben häufig wenig Berührungspunkte mit dem Fahrradfahren.
Sind Fahrradkurse gerade deshalb für Menschen mit Migrationsgeschichte wichtig?
Das Rad ist deutsches Kulturgut und – je nachdem wo man wohnt – ist der öffentliche Personennahverkehr schwierig. Oftmals haben die Menschen keinen Zugriff auf ein Auto. Deswegen ist zu Fuß gehen und das Fahrrad in Kombination mit dem öffentlichen Personennahverkehr die Fortbewegungsart. Ich finde es unheimlich wichtig, dass man Fahrradfahren lernt, um den Bewegungsradius oder den Mobilitätsradius zu erhöhen. Zudem ist es häufig ein Einstieg dafür, vielleicht doch einen Schwimmkurs oder Führerschein zu machen – oder eben dann auch den eigenen Kindern das Fahrradfahren beibringen zu können.
Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr wird nun zum zweiten Mal ein Fahrradkurs für Menschen mit Migrationsgeschichte in der Sportregion Delmenhorst/Oldenburg-Land angeboten. Was haben Sie vom ersten Kurs mitgenommen?
Das schönste sind die leuchtenden Augen bei der ersten freien Fahrt. Bis dahin ist es oft ein langer Weg. Aber wenn die Frauen das erste Mal alleine anfahren, eine Runde drehen und dann anhalten – dieses Strahlen zu sehen, ist einmalig.
Gibt es Vorerfahrungen, die mitgebracht werden müssen?
Vorerfahrungen sind nicht erforderlich. Wir starten mit kleinen Spielen und dem Roller an. Von diesem arbeiten wir uns dann auf das Fahrrad. Wir haben noch einige andere Hilfsmittel wie Tandem, Dreirad oder das Laufrad, die als Zwischenstufe eingebaut werden können. So ist es ein stetiger Entwicklungsprozess.
Aller Anfang ist schwer – das gilt sicherlich auch für die ersten Fahrversuche auf dem Fahrrad. Welche Tipps können Teilnehmende bereits im Vorfeld beachten, der den Start ein wenig erleichtert?
Fahrradfreundliche Kleidung ist sehr wichtig. Dazu können im Vorfeld gerne einige Gleichgewichtsübungen gemacht werden, wie auf einem Bein im Wohnzimmer zu stehen oder auf einer Linie zu laufen. Diese Übungen sind aber keine Pflicht.
Mit dem Auto ist die klassische Führerschein-Prüfung bekannt. Gibt es so etwas auch zum Abschluss des Radkurses?
Einen Führerschein gibt es nicht, das ist in Deutschland nicht erforderlich. Aber es gibt eine kleine Abschlussfahrt, bei der das gelernte im realen Verkehr angewendet werden kann. Da schauen wir nochmal, ob alles passt und ob jeder weiß, wie er oder sie sich im Straßenverkehr zu verhalten hat.
➔ Anmeldungen für den integrativen Fahrradkurs der Sportregion Delmenhorst/Oldenburg-Land im Oktober sind an Kerstin Korte (E-Mail: ) möglich.
Zur Person
Berend Meyer (55 Jahre) aus Westerstede ist Vizepräsident Sportentwicklung und Bundesschulsportbeauftragter im Bund Deutscher Radfahrer e.V. Er gehört hier dem Bundes- und Landeslehrteam in Niedersachsen an und ist Trainer beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat und Teamer im Landessportbund Niedersachen. Im Rahmen der Aktion „Radfahren vereint“ bietet Berend Meyer am 11./12. und 18./20. Oktober in Ahlhorn für die Sportregion Delmenhorst/Oldenburg-Land einen integrativen Fahrradkurs an.
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